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Elternprofil bei Kindern in der Pubertät
Wir möchten, dass unsere Kinder stark werden, als stabile Persönlichkeiten ins Leben treten und das Leben meistern. Das braucht starke Eltern, gerade auch bei Kindern in der Pubertät. Sie ist nämlich die Phase, in der unsere Kinder stark werden wollen, aber dabei noch Hilfestellung brauchen. Das verlangt uns viel Geduld, Kraft, Ausdauer und „Coolness“ ab.
Von daher bewegen uns einige Fragen: Was ist eigentlich die Pubertät? Wie gewinne ich ein starkes Elternprofil? Wie gehe ich mit meinen pubertierenden Kindern um? Gibt es vorbeugende Maßnahmen, damit es nicht so heftig wird?
1. Sich selbst erziehen – dialogisch erziehen
Kinder werden stark durch das starke Vorbild, das sie an ihren Eltern erleben. Deshalb betonte Pater Kentenich: „Alle Erziehung beginnt mit der Selbsterziehung.“ Wenn ich am Jugendlichen einen Fehler entdecke, soll ich mich zunächst einmal fragen: Wo ist ein ähnlicher Fehler in mir selbst? Daran muss ich arbeiten und dann erst beginnen, das Kind zu korrigieren. Im Praktischen geht das nicht immer in der Reihenfolge, aber es ist wichtig, diese Einstellung als Eltern zu haben. Es ist beispielsweise leicht, dem Kind langes Aufbleiben und übermäßigen Süßigkeitenkonsum zu verwehren, aber es ist weit schwerer, sich persönlich an feste Schlafenszeiten zu halten oder den Bier- und Pralinenkonsum einzuschränken. Es gilt die Lebensweisheit: „Selbsterziehung ist ein anstrengendes Geschäft, deswegen verbringen die meisten Menschen ihre Zeit damit, die anderen zu erziehen.“
Was ich mir selbst an Regeln, Verzicht und Einsatz abverlange, kann ich auch vom Jugendlichen einfordern. Aus dieser Haltung entsteht ein dialogischer Erziehungsstil, der den Jugendlichen als gleichwertig ernst nimmt.
Konkret:
- Konsequent selbst Familienregeln beachten.
- Nicht versuchen, perfekt oder fehlerfrei zu sein. Fehler zugeben können, sich und den Kindern Begrenztheit zugestehen: „Ja, ich weiß, das ist mein Fehler, aber ich arbeite dran. Wie steht‘s bei dir? Arbeitest du auch an deinen?“
- Kritik als Ich-Botschaft formulieren: „Ich fühle mich enttäuscht. Ich war überzeugt, dass Du mein Vertrauen gut beantwortest.“
Fragen formulieren. Das ist besser als Vorwürfe, weil sie den Willen zum eigenständigen Denken stärken. - Entmutigende Sätze wie „Du hast immer so ein Chaos in Deinem Zimmer!“ vermeiden.
- Nicht Gleiches mit Gleichem vergelten, z.B. auf Machtspielchen eingehen, zurückschreien, eingeschnappt sein – damit begebe ich mich auf das Niveau des Teenagers und verhalte mich genauso unreif.
2. Grenzen setzen
Schwache Eltern sind nicht unbedingt die beliebteren Eltern. Im Gegenteil! Manche Kinder hassen ihre Eltern sogar dafür, dass diese nicht in der Lage sind, ihnen Grenzen zu setzen und ihnen Forderungen zu stellen, an denen sie wachsen können. Sie haben das Gefühl, ihren Eltern nicht wichtig zu sein. Kinder wollen auch kämpfen dürfen! Aber wenn sich ihnen niemand stellt, schlagen sie ins Leere und fühlen sich frustriert.
Konkret:
- Die eigene Konfliktscheu überwinden, denn Kämpfe müssen sein.
- Unterscheiden: Wann muss ich kämpfen, weil das Kind kämpfen will? Und wann verliere ich mich in unnützen Streitgesprächen um Nichtigkeiten? Nicht jedes Wort und jede Regung beobachten oder gar kommentieren!
- Gerade bei Dingen, die den persönlichen Raum betreffen, gelassen bleiben: Zimmergestaltung, Haarfrisur, Kleidungsstil – der Jugendliche will und muss sich absetzen.
- Sinnvolle Grenzen setzen. Dabei kann das Jugendschutzgesetz eine objektive Hilfe sein, damit die Jugendlichen Verbote nicht als Tyrannei der Eltern empfinden.
- Miteinander Kompromisse finden, aber nicht ständig neu diskutieren.
- Deutlich machen, wenn die Grenze persönlicher Verletzung überschritten ist: „Du, das fand ich jetzt echt verletzend. Hast du mal überlegt, wie mich das treffen muss / wie das deinen Bruder treffen muss?“
3. Verantwortung fördern
„Ersparen wir unseren Kindern die Kämpfe nie! Wenn wir damit anfangen, erziehen wir alle zur Unmündigkeit. (...) Wohl sage ich: Alles will ich wissen. Aber eingreifen? – Fällt mir nicht ein. Ich greife nicht ein. Die sollen ruhig purzeln. Wenn sie nur nicht tief fallen ... Sonst erziehen wir nicht für das Leben ... Deswegen erstens: Sobald ich merke, dass jemand allein gehen kann, sich bewusst zurückziehen. Lieber zu früh damit beginnen als zu spät. Zweitens – und das ist auch wesentlich: Niemals buhlen um die Gunst des Zöglings.“ (J. Kentenich)
Die Jugendlichen brauchen noch nicht alles tragen, aber sie wollen ernst genommen und als Erwachsene behandelt werden, obwohl sie das noch nicht sind. Pater Kentenich sagt: „Behandelt euren Jungen wie einen Mann und er wird sich wie ein Mann verhalten.“ Das gilt natürlich genauso beim Mädchen, das zur Frau wird.
Konkret:
- Oft um die Meinung der Kinder fragen, so als wenn sie schon erwachsen wären, zum Beispiel im Konfliktfall oder in Bezug auf jüngere Geschwister: „Was würdest Du machen? Was schlägst Du vor?“
- Mitgestalten lassen, zum Beispiel bei der Urlaubsplanung, beim Weihnachtsfest ...
- Nicht befehlen, sondern Wünsche äußern.
- Nicht alle Negativkonsequenzen auffangen, z.B. schnell noch zur Schule bringen, wenn das Kind nicht pünktlich aufstehen wollte.
4. Vorbeugen
Was bis zur Pubertät nie geübt wurde, kann jetzt nicht auf einmal gelernt werden. Es geht zunächst darum, die Entscheidungsfähigkeit und das Durchsetzungsvermögen in unseren Kindern früh zu stabilisieren. Dann läuft die Kraft des Willens später in die richtige Richtung. Auch soziale Mitverantwortung muss früh eingeübt und gestärkt werden – es zahlt sich in der Pubertät aus.
Konkret:
- Frühzeitig eine gewisse Familienhausordnung aufstellen, über die die Kinder später mitbestimmen können: Gibt es feste Tischzeiten? Einen gemeinsamen Familienabend in der Woche? Arbeitsteilung? Bräuche?
- Mit den Kindern über die Pubertät sprechen, bevor sie eintritt: „Weißt du, du beginnst dich bald zu verändern. Wahrscheinlich werden wir dann auch öfter diskutieren und du wirst denken: Sind die Eltern blöd. Das ist, weil du anfängst, erwachsen zu werden und zu entdecken, was für dich wichtig ist ...“
5. Zuneigung zeigen
Teenager brauchen viel Liebe, aber die Art, wie wir als Eltern diese zeigen, muss sich verändern. Die Kinder brauchen Eltern mit Herz, die aus Liebe bereit sind, mit ihnen und um sie zu ringen, die aber ihre Liebe nicht aufdrängen.
Konkret:
- Mit den Kindern mal ganz neu und anders ins Gespräch kommen. Dabei nicht sie selbst als Gesprächsthema wählen, sondern besser Filme oder andere Personen – manchmal kommen so auch Themen zur Sprache, die sie selbst betreffen.
- Gute Momente schaffen, in denen Kommunikation möglich ist: Für gemeinsame Hobbys sorgen, schöne Projekte gemeinsam planen, z.B. Sport, Zelten ... aber Vorsicht: nicht aufdrängen!
- Nicht Kumpel oder beste Freundin sein wollen: Die Kinder wollen nun ihre eigenen Wege gehen.
- Akzeptieren, dass die Peergroup wichtiger wird. Freunde nach Hause kommen lassen und sich nicht überall einmischen, sondern gut beobachten: Was ist meinem Kind jetzt wichtig?
- Ablehnung nie persönlich nehmen
6. Als Eltern gemeinsam stark sein
Starke Eltern sind auch in der Beziehung, in der Bindung aneinander stark. Das bietet den Kindern Sicherheit; die Bindung der Eltern ist eine Art Liebesnetz, in dem sie aufgefangen sind. „Frag, Mama!“ – „Die hab ich schon gefragt, sie hat gesagt, ich soll dich fragen!“ Solch stille Kooperation der Eltern liefert dem Kind eine Gewissheit für das spätere Leben: Wenn man sich gern hat, respektiert man den anderen, hört auf seine Meinung und nimmt ihn wichtig. Keine Kämpfe als Eltern vor den Kindern austragen, sich nicht gegenseitig vor den Kindern schlecht machen.
Konkret:
- Vor den Kindern mit einer Stimme sprechen
- Sich als Eltern gegenseitig stärken
- Beten – Ruhe bewahren – sich in Geduld üben – konsequent bleiben
Quelle: Unser Weg 2017 Qrt. 4

