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Das heißt konkret: Keine Antworten geben, sondern die richtigen Fragen stellen, damit meine Mitarbeiter fähig werden, eigene Lösungen zu finden.
Zur Unterstützung meiner Tätigkeit als Führungskraft bei einem deutschen Großunternehmen baue ich regelmäßig einen Gedanken von Pater Kentenich in meine GTO (Geistliche Tagesordnung) ein. In den letzten Monaten haben mir diese Gedanken besonders viel zum Denken und Erleben geschenkt.
„Wenn Gott eine Fähigkeit in den Menschen hineingelegt hat, dann drängt alles in der wahren Mütterlichkeit (beziehungsweise Väterlichkeit), diese Fähigkeit zur Reife zu bringen, selbst wenn die/der Betreffende mich nachher überflügelt. Es gibt überhaupt nichts Größeres in der Erziehung, als wenn ich sehe: Diejenigen, die ich erzogen habe, stehen auf meinen Schultern. Ich bin überflüssig geworden ...“
J. Kentenich
Konkret versuche ich diesen Impuls wie folgt in meinen Alltag zu überführen: Ich bete auf dem Weg zur Arbeit, damit Gott mir hilft, meinen Mitarbeitern keine Antworten zu geben, sondern ihnen die richtigen Fragen zu stellen.
Meine Mitarbeiter zur Selbstständigkeit befähigen
Heute und mit steigender Brisanz müssen meine Mitarbeiter selber unter einem schnell wechselnden und vernetzten Umfeld komplexe Aufgaben beziehungsweise Lösungsansätze definieren und sie selbstständig effektiv umsetzen. Meine wichtigste Aufgabe besteht darin, meine Mitarbeiter zu befähigen und weiterzuentwickeln, damit sie diese Herausforderung auch in Zukunft stemmen. Das ist für mich eine große Herausforderung. Es ist attraktiv, als Chef immer in der Mitte zu sein, öfter etwas besser zu wissen und das Gefühl zu haben, mächtiger und schlauer als die anderen zu sein. Pater Kentenich hilft mir ungemein, dagegen zu kämpfen.
Das Wachstum meiner Mitarbeiter hat höchste Priorität
Es gibt Führungskräfte, die alles an sich reißen, sie haben immer eine bessere Antwort auf alle Situationen und Herausforderungen, sie leiten die wichtigsten Projekte selber und gehen auch immer selber zu den Besprechungen mit dem Board. Ihre Mitarbeiter lernen dabei, dass der Chef sowieso alles besser weiß. Es lohnt sich nicht mitzudenken: „Mein Chef denkt für uns alle; und schärfer.“ Solche Führungskräfte nenne ich „Es-geht-um-mich-Chefs“. Es geht um mein Ego, meine Karriere, meine Reputation. Pater Kentenich zeigt mir, dass das Beste für die Mitarbeiter und auch für das Unternehmen ist, dass die Führungskräfte das Wachstum ihrer Mitarbeiter mit höchster Priorität fokussieren und fördern.
Ich leite zurzeit auch Mitarbeiter, die über Jahre einen „Es-geht-um-mich-Chef “ erleben durften. Diese Mitarbeiter haben gelernt, Aufgaben durchzuführen gemäß der detaillierten Erläuterung ihrer Führungskraft, obwohl sie die Ausbildung und Fähigkeiten hätten, ohne diese Erläuterung die Aufgabe selber zu definieren und umzusetzen. Es beeindruckt mich, wie schwer es ist, diese Mitarbeiter zu einer selbständigen Arbeitsweise zu bringen.
Unselbständigkeit als Gefahr für Unternehmen
Ich habe zurzeit den konkreten Fall eines Mitarbeiters, dessen Aufgaben durch die Digitalisierung der Prozesse zu 90 Prozent wegfällt. Er hat trotz guter Ausbildung und Intelligenz nie gelernt, selber Aufgaben und Lösungsansätze in einem dynamischen Umfeld festzulegen.
- „Meine Führungskräfte haben das nie von mir verlangt, es fällt mir sehr schwer, neue ausgereifte und holistische Verbesserungen oder Lösungen vorzuschlagen.“
- Ich komme mit der kontinuierlichen Veränderung von digitalen Tools, Vernetzung und Internationalisierung der Ansprechpartner und Prozesse nicht klar.“
- „Sag mir bitte im Detail was ich tun soll, beschreibe bitte die Schritte.“
Heute stellt mich dieser Fall vor eine große Herausforderung, für die ich noch keine für mich zufriedenstellende Lösung habe. Ich bin für ihn verantwortlich, brauche aber einen Mitarbeiter, der mir hilft, die unternehmerischen Ziele zu erreichen, sonst gefährde ich gleichzeitig alle anderen Arbeitsplätze.
Fördern und Fordern
Ich freue mich, wenn ich die richtigen Fragen stelle, wenn ich lediglich auf die Risiken aufmerksam mache, wenn ich meine Mitarbeiter herausfordere, ohne dass ich Arbeitsanweisungen geben muss. Selbst wenn ich eine Situation anders angehen würde, freue ich mich, wenn es meinen Mitarbeitern gelingt, eine eigene Lösung erfolgreich umzusetzen. Ich bleibe in ihrer Nähe, unterstütze, fördere und fordere sie. Ich gehe mit Pater Kentenich in Führung!
Quelle: Unser Weg 2018 Qrt. 2

